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02. September 2022 | Der BGH hat in einem Beschluss vom 14.06.2022 die Nichtzulassungsbeschwerde eines Klägers zur Revision zurückgewiesen und umfangeiche Ausführungen zu Konkurrenzverhältnis und Reichweite der Prospekthaftung gemacht. Bei Verwendung eines fehlerhaften Prospekts sind je nach Anlagetyp Prospekthaftungsvorschriften nach WpPG, VermAnlG und KAGB einschlägig – mit dem auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit reduzierten Verschuldensmaßstab. Eine zivilrechtliche sog. Prospekthaftung im weiteren Sinne greift dagegen nur in Fällen, die von der gesetzlich geregelten Prospekthaftung überhaupt nicht erfasst sind, wie beispielsweise unrichtige mündliche Zusicherungen.

Der BGH hat in einem Beschluss vom 14.06.2022 die Nichtzulassungsbeschwerde eines Klägers zur Revision zurückgewiesen und umfangeiche Ausführungen zu Konkurrenzverhältnis und Reichweite der Prospekthaftung gemacht.
Bei Verwendung eines fehlerhaften Prospekts sind je nach Anlagetyp Prospekthaftungsvorschriften nach WpPG, VermAnlG und KAGB einschlägig – mit dem auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit reduzierten Verschuldensmaßstab. Eine zivilrechtliche sog. Prospekthaftung im weiteren Sinne greift dagegen nur in Fällen, die von der gesetzlich geregelten Prospekthaftung überhaupt nicht erfasst sind, wie beispielsweise unrichtige mündliche Zusicherungen.

Sachverhalt

Ein Anleger klagte gegen die Gründungsgesellschafterinnen einer Schiffsfondsgesellschaft wegen Verwendung eines fehlerhaften Prospekts auf Schadenersatz in Höhe von 97.500 €. Grundlage der Beteiligung war ein Emissionsprospekt von 2007. Die Beklagten erhoben Einrede der Verjährung.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat dies damit begründet, dass dem Kläger kein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB) zustehe. Zwischen dem Kläger und den beklagten Gründungskommanditistinnen bestehe zwar ein vorvertragliches Schuldverhältnis, aus dem die Beklagten umfassende Aufklärung schuldeten. Diese Verpflichtung hätten die Beklagten aber durch die Übergabe des zur ordnungsgemäßen Aufklärung geeigneten Prospekts und durch die Darstellung der Beteiligung auf der Grundlage des Prospekts erfüllt. Die vom Kläger geltend gemachten Prospektmängel lägen nicht vor. Dagegen wendete sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

Gründe (Auszüge)

Der BGH wies die Nichtzulassungsbeschwerde zurück, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erforderten (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Eine Haftung der Beklagten aus der (zivilrechtlichen) sog. Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß § 280 Abs. 1, 3 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB könne nicht auf die Verwendung eines Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung gestützt werden. Ein Anspruch auf dieser Grundlage werde durch Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung nach §§ 9,10,14 WpPG, nach §§ 20,21 VermAnlG sowie nach § 306 KAGB verdrängt. Nach diesen Vorschriften sei der Anspruch des Klägers verjährt.

Spezialgesetzliche Prospekthaftungsansprüche seien je nach Anlagetyp in Tatbestand und Rechtsfolge weitgehend übereinstimmend im Wertpapierprospektgesetz, Vermögensanlagengesetz und Kapitalanlagegesetzbuch geregelt. Von der zivilrechtlichen unterschieden sie sich insbesondere in dem auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit reduzierten Verschuldensmaßstab (§ 12 Abs. 1 WpPG, § 20 Abs. 3 VermAnlG, § 306 Abs. 3 Satz1, Abs.4 Satz1 KAGB).

Grundlage der spezialgesetzlichen Prospekthaftung sei seit Inkrafttreten des Börsengesetzes am 01. Januar 1897 die Prospektpflicht, deren Sinn und Zweck darin besteht, dem Anlegerpublikum die Informationen zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind, um den Anlegern eine zutreffende Beurteilung des Emittenten der Anlage und der Anlage selbst zu ermöglichen.

Gerade weil das Anlageprodukt als Wertpapier (§ 2 Nr. 1 WpPG), Vermögensanlage (§ 1 Abs. 2 VermAnlG) oder Anteil am Investmentvermögen (§ 1 Abs. 1 KAGB) standardisiert sei und Prospektverantwortlicher und Anleger auf dem Kapitalmarkt in der Regel nicht aufeinandertreffen, genüge der Prospektverantwortliche seiner Pflicht, indem er die Anleger in standardisierter Form, das heißt durch denselben Prospekt, informiert.

Nichts anderes gelte für den der investmentrechtlichen Prospekthaftung unterliegenden Anlageberater und -vermittler. Da er gemäß § 297 KAGB kraft Gesetzes verpflichtet ist, dem Anleger einen Prospekt (kostenlos) zur Verfügung zu stellen, treffe auch ihn lediglich eine Pflicht zur standardisierten Information, soweit sich aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis zum Anleger nichts Abweichendes ergibt.

Allein in dem Bestehen eines konkreten vorvertraglichen Schuldverhältnisses liege kein rechtfertigender Grund für die Anwendung eines schärferen Haftungsregimes neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung.

Wollte man die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Haftungsgrundsätze neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung ohne jede Einschränkung zur Anwendung bringen, liefe die gesetzgeberische Wertungsentscheidung, dem Adressaten der spezialgesetzlichen Prospekthaftung die Möglichkeit zu eröffnen, sich mit dem Nachweis einfach fahrlässiger Unkenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts zu entlasten (§ 12 Abs. 1 WpPG, § 20 Abs. 3 VermAnlG, § 306 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 KAGB), vollständig leer.

Eine Haftung nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB komme für einen Prospektverantwortlichen daher nur bei Sachverhaltskonstellationen in Betracht, die von der gesetzlich geregelten Prospekthaftung überhaupt nicht erfasst sind, wie beispielsweise unrichtige mündliche Zusicherungen.

BGH, Beschluss vom 14.06.2022 (Az.: XI ZR 395/21)

Vorinstanzen:
OLG Hamburg, Urteil vom 17.06.2021 – 3 U 74/18
LG Hamburg, Urteil vom 05.04.2018 – 332 O 33/18

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