12. Juli 2019 | In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) zur Frage des „Ob“ der Aufklärungspflicht gegenüber einem Anleger vor Zeichnung einer Fondsbeteiligung als Private Placement Stellung genommen, wenn am letzten Zeichnungstag die in dem Private Placement Memorandum genannte angestrebte Zeichnungssumme nicht erreicht wurde.
Sachverhalt: Der Kläger beteiligte sich in 2007 an einer GmbH & Co. KG mit einer Beteiligungssumme von USD 350.000,-, wobei die Beitrittserklärung am 14.11.2007 unterschrieben und auf den 31.10.2007 rückdatiert wurde. Gesellschaftszweck der Fondsgesellschaft war ausschließlich, sich an einer luxemburgischen Gesellschaft zu beteiligen, die ihrerseits in Vermögensgegenstände der maritimen Wirtschaft investieren sollte. Das Ende der Zeichnungsfrist war für den 31.11.2007 vorgesehen. Während des Vermittlungsgesprächs wurde auch ein Memorandum für das Private Placement ausgehändigt. Dieses nannte ein erwartetes Zielfondsvolumen von USD 250 Mio. Kurz vor Zeichnung durch den Kläger führte die Gesellschaft im Quartalsbericht aus, dass der Platzierungsverlauf stockte und die Investitionsphase mit USD 150 – 200 Mio. und mit 10 % weniger Eigenkapital beginnen müsse. Mit dieser Summe könne man aber alle geplanten Projekte finanzieren und es seien keine Auswirkungen auf das Geschäftsmodell zu erwarten. Der Kläger erhielt keinen Hinweis auf diesen Bericht. Der Kläger macht unter anderem geltend, dass er über die schleppende Produktplatzierung nicht aufgeklärt worden sei und verlangt die Rückabwicklung der Beteiligung von den Gründungsgesellschaftern der Fondsgesellschaft und dem Vermittler.
Rechtslage: Bei dem in Rede stehenden Fall war zu entscheiden, ob eine verminderte Aufklärungspflicht der Gründungsgesellschafter und der Vermittler bei Private Placements besteht und ob das Verfehlen der angestrebten Zeichnungssumme für sich genommen aufklärungspflichtig war.
Urteil: Nachdem das Landgericht Hamburg der Klage überwiegend statt gab und auch die Berufung der Beklagten erfolglos war, hatte die Revision Erfolg. Der BGH hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Zwar ging das Berufungsgericht (OLG Hamburg) nach Ansicht des BGH zutreffend davon aus, dass eine verminderte Aufklärungspflicht der Beklagten nicht deshalb angenommen werden kann, weil die Kapitalanlage nicht gesetzlich prospektpflichtig war. Denn auch in diesen Fällen ist eine hinreichende Aufklärung des Anlegers erforderlich. Aber nach Ansicht des BGH war der Anleger am Ende der Zeichnungsfrist nicht darüber aufzuklären, dass das Emissionsvolumen nicht vollständig platziert werden konnte. Ausschlaggebend war der Hinweis im Memorandum, dass sich die Investitionssumme verringere, wenn es nicht gelänge, das erwartete Emissionsvolumen zu erreichen. Denn entscheidungserheblich ist nach der Rechtsprechung des BGH die Darstellung des Gesamtbildes von den Verhältnissen des Unternehmens und – von besonderer Bedeutung für den Anleger – die Darstellung der Risiken und der Chancen der Kapitalanlage. Wenn die angestrebte Zeichnungssumme von USD 250 Mio. nicht erreicht wird und diese Tatsache auf Chancen oder Risiken des Projekts relevante Auswirkungen hat, ist dies aufklärungsbedürftig. Wenn das Fondsprojekt aber mit weniger Anlegern und geringerem Kapitaleinsatz trotzdem mit gleicher Rendite und ohne Erhöhung der Risiken durchgeführt werden kann, ist dieser Umstand für den Anleger regelmäßig nicht von Bedeutung für die Anlageentscheidung und damit nicht aufklärungsbedürftig.
Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 19.02.2019 – II ZR 275/17
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