Bereichsausnahmen des Kreditwesengesetzes bei der Kreditvergabe

 

 

09. Januar 2017 | Das Verwaltungsgericht Frankfurt a.M. hat die Rechtsauffassung der BaFin bestätigt, wonach die Besicherung eines Kredits durch Inhabergrundschuldbriefe keine privilegierte Kreditvergabe gegen Faustpfand darstellt, das Konzernprivileg nur bei Geschäften innerhalb des Konzernverbunds genutzt werden kann und Arbeitgeberdarlehen lediglich zur Finanzierung von Wohneigentum erlaubnisfrei zulässig sind.

VG Frankfurt am Main zu Bereichsausnahmen des Kreditwesengesetzes (KWG) bei der Kreditvergabe

Das Verwaltungsgericht Frankfurt a.M. hat die Rechtsauffassungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bestätigt, wonach die Besicherung eines Kredits durch Inhabergrundschuldbriefe keine privilegierte Kreditvergabe gegen Faustpfand darstellt, das Konzernprivileg nur bei Geschäften innerhalb des Konzernverbunds genutzt werden kann und Arbeitgeberdarlehen nur zur Finanzierung von Wohneigentum erlaubnisfrei zulässig sind.

Sachverhalt: Die Klägerin wehrte sich gegen eine Abwicklungsanordnung der BaFin. Sie betreibt auf der Grundlage einer Erlaubnis nach § 34 GewO das Pfandleihgeschäft. Im Rahmen dieser Tätigkeit gewährte die Klägerin nicht nur Darlehen gegen die Inpfandnahme von Gegenständen (was den überwiegenden Teil ihrer geschäftlichen Tätigkeit ausmacht). Sondern sie gewährte auch ein Darlehen an ein schweizerisches Unternehmen in Höhe von Euro 4.760.000,-, zwei Darlehen an eigene Mitarbeiter in Höhe von Euro 946.515,- und Euro 210.000,- und ein Darlehen an eine mit ihr im Konzernverbund stehende GmbH in Höhe von Euro 2.940.000,-. Das an das schweizerische Unternehmen gewährte Darlehen sollte durch Inhaberaktien besichert werden, die der Klägerin allerdings nicht übergeben worden sind. Dieses Darlehen ist zur Hälfte zurückgezahlt. Die anderen Darlehen wurden nicht besichert. Auch warb die Klägerin im Internet damit, sie gewähre Kunden Liquidität (Darlehen) gegen Übergabe von Inhabergrundschuldbriefen.

Durch Bescheid vom 26. November 2015 ordnete die BaFin die Einstellung des Pfandleihgeschäfts an, soweit die Klägerin Darlehen gegen Besicherung durch Inhabergrundschuldbriefe vergebe, und die Einstellung der Werbung hierfür. Außerdem gab sie der Klägerin die Abwicklung des von ihr in dieser Weise betriebenen Pfandleihgeschäfts auf. Ebenso ordnete die BaFin die Abwicklung des Pfandleihgeschäfts an, soweit die Klägerin dieses durch die Inpfandnahme von Inhaberaktien und die Vergabe von nicht durch Faustpfand besicherten Darlehen betreibe. Der daraufhin eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos, so dass die Klägerin im März 2016 Klage erhob.

Rechtslage: Die Vergabe von Gelddarlehen erfüllt immer den Tatbestand des Betreibens des Kreditgeschäfts. Deshalb war hier fraglich, ob sich die Klägerin auf Ausnahmetatbestände des KWG berufen konnte, namentlich die Ausnahmen für Faustpfandunternehmen, für Konzernunternehmen und für Arbeitergeberdarlehen. Ebenso war die Verwaltungspraxis der BaFin für die Erlaubnisfreiheit von Arbeitgeberdarlehen, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt, Gegenstand der Entscheidung.

Urteil: Die zulässige Klage hatte keinen Erfolg. Denn nach Ansicht des Gerichts konnte sich die Klägerin nicht auf die in § 2 Absatz 1 Nummer 5 KWG geregelten Ausnahmen von der Erlaubnispflicht für Pfandleiher berufen. Denn bei der Darlehensvergabe an das schweizerische Unternehmen, die eigenen Mitarbeiter und das konzernverbundene Unternehmen wurde kein „Faustpfand“ gewährt. Insbesondere stellt nach Ansicht des Gerichts die Entgegennahme von Inhabergrundschuldbriefen kein Faustpfand dar. Denn Faustpfand kann nur eine bewegliche Sache sein. Ein Inhabergrundschuldbrief oder das darin verbriefte Recht ist jedoch keine bewegliche Sache. Dem stehen auch nicht die Entscheidungen des Hanseatischen OLG und des OLG Köln entgegen, die Inhabergrundschuldbriefe im Ergebnis Faustpfänden gleichgestellt haben. Denn die Entscheidungen der beiden Oberlandesgerichte in zivilrechtlichen Streitigkeiten lassen keine Rückschlüsse darauf zu, wie der Begriff des Faustpfands i. S. des Aufsichtsrechts zu verstehen ist.

Auch hinsichtlich der engen Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Arbeitgeberdarlehen bestätigte das Gericht die Ansicht der BaFin. Danach sind derartige Darlehen ausschließlich für die Finanzierung von Wohneigentum und nicht für jegliche Fürsorgezwecke erlaubnisfrei. Dabei handelt es sich um eine gewohnheitsrechtliche und nicht gesetzlich verankerte Erlaubnisfreiheit.

Schließlich waren dem Gericht zufolge die Voraussetzungen für die Nutzung des Konzernprivilegs nicht gegeben. Denn dies setzt voraus, dass Bankgeschäfte ausschließlich mit konzernverbundenen Unternehmen – also innerhalb des Konzerns – betrieben werden. Aufgrund der gleichzeitig erfolgten Kreditgewährung an das schweizerische Unternehmen und die Mitarbeiter war das nicht der Fall.

Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22. Juni 2016, Az.: 7 K 642/16.F

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