OLG Franfurt a.M.:

 

 

20. Oktober 2016 | Genussschein-Inhaber haben auch Verlustvorträge, die aus nicht satzungsgemäßen Geschäften resultieren, zu tragen.

OLG Frankfurt a.M. zur Berücksichtigung von Verlustvorträgen bei der Verlustbeteiligung von Genusskapital

Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat in einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung klargestellt, dass Genussschein-Inhaber auch dann an Verlustvorträgen bei Beendigung der Genussschein-Beteiligung beteiligt werden können, wenn die Verlustvorträge aus nicht ordnungsgemäßen Geschäften herrühren.

Sachverhalt: Die Parteien streiten unter anderem über die Höhe des Rückzahlungsbetrags von Genussscheinen, die von der Beklagten, einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht, begeben worden sind. Die Genussschein-Bedingungen sehen sowohl eine Begrenzung der Höhe der Ausschüttungen als auch eine Verlustbeteiligung vor. Bezugsgröße ist dabei jeweils der Bilanzverlust. D.h. durch Ausschüttungen darf kein Bilanzverlust entstehen und an einem Bilanzverlust nehmen die Genussrechtsinhaber in voller Höhe durch Minderung der Rückzahlungsansprüche teil. Die Emittentin hat die Rückzahlungsansprüche der Genussschein-Inhaber um den auf diese entfallenden Anteil am Bilanzverlust gemindert und damit auch den zunächst auf Ebene der Emittentin bestehenden Verlustvortrag berücksichtigt. Die Kläger sind der Ansicht, der Verlustvortrag hätte nicht berücksichtigt werden dürfen, da dieser aus Derivatgeschäften resultiert, die geschäfts- und satzungswidrig gewesen seien.

Rechtslage: Bei Aktiengesellschaften werden die für alle Kaufleute geltenden Rechnungslegungsvorschriften des Handelsgesetzbuches um rechtsformspezifische Vorgaben ergänzt. Danach haben Aktiengesellschaften die „Gewinn-und Verlustrechnung“ bis zu der Position „Bilanzgewinn/Bilanzverlust“ fortzuführen. Deshalb wird bei der Ermittlung des sog. „Bilanzergebnisses“ auch ein Verlustvortrag aus dem Vorjahr berücksichtigt. Hier ist nun streitig, ob der Begriff Bilanzverlust auch solche Verluste aus Verlustvorträgen erfasst, die aus nicht satzungsmäßigen Geschäften der Emittentin herrühren. Denn Genussschein-Bedingungen stellen allgemeine Geschäftsbedingungen dar, die transparent und verständlich formuliert sein müssen. Ein Verstoß gegen dieses Transparenzgebot könnte insbesondere darin liegen, wenn eine Beteiligung von Anlegern auch an solchen Verlusten ermöglicht wird, die aus nicht der Satzung entsprechenden Geschäften resultieren.

Entscheidung: Das OLG Frankfurt a.M. wies die Berufung der Kläger zurück und lehnte eine Anpassung des Rückzahlungsbetrages – also die Wiederauffüllung des Genusskapitals – ab. Denn das Gericht ist der Ansicht, dass es dahingestellt bleiben kann, ob die Bilanzverluste auf Geschäften der Emittentin beruhen, die außerhalb ihres Unternehmensgegenstandes liegen und die schlechterdings kein seriöser Kaufmann durchführen würde. Denn ein Bilanzverlust im Sinne der Genussscheinbedingungen umfasst auch derartige Verluste. Insbesondere sind die im Bilanzverlust enthaltenen Positionen aufgrund der Regelungen des Aktienrechts gesetzlich festgelegt, so dass dem Begriff „Bilanzverlust“ die gesetzlich festgelegte Bedeutung zu kommt. Ein vorhandener Verlustvortrag ist deshalb in den Bilanzverlust einzubeziehen. Für eine andere Auslegung ist somit kein Raum.

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