OLG München zu Auswirkungen des KAGB:

 

 

15. Februar 2016 | Das Inkrafttreten des Gesetzes stellt keinen Grund dar, der zur Kündigung eines Mittelverwendungskontrollvertrages berechtigt.

OLG München: Kein Wegfall der Geschäftsgrundlage für Mittelverwendungskontrollvertrag durch Inkrafttreten des KAGB

Sachverhalt: Die Klägerin, eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, hatte mit einem geschlossenen Publikumsfonds (Beklagte) in 2012 freiwillig einen Mittelverwendungskontrollvertrag (MVK-Vertrag) geschlossen. Mit Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) am 21. Juli 2013 unterfiel der Publikums-Fonds den Bestimmungen des KAGB und somit wurde die Einbindung einer Verwahrstelle, deren Aufgaben die eines Mittelverwendungskontrolleurs deutlich überschreiten, von Gesetzes wegen erforderlich. Die Beklagte kündigte daraufhin den MVK-Vertrag und berief sich dabei auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Der MVK-Vertrag räumte lediglich ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund vor Laufzeitende ein. Die Klägerin beantragte gerichtlich festzustellen, dass keine wirksame Beendigung des MVKV vorliege.

Rechtslage: Vor Inkrafttreten des KAGB wurde im Rahmen von Angeboten von Vermögensanlagen, insbesondere bei KG-Fondsmodellen, freiwillig eine Mittelverwendungskontrolle in das Anlagekonzept integriert. Aufgabe des Mittelverwendungskontrolleurs ist dabei die prospektkonforme Verwendung der Anlegergelder zu kontrollieren. Die Kontrolle erstreckte sich dabei meistens auf die Prüfung, ob formale Kriterien für die Verwendung des Emissionserlöses erfüllt waren. War dies der Fall, wurden Zahlungen freigegeben.

Aufgabe einer Verwahrstelle ist neben der Verwahrung der von einem Investmentfonds angeschafften Finanzinstrumenten und der Prüfung der Ausgabe und Rücknahme von Anteilen eines Investmentfonds insbesondere auch die Kontrolle von Zahlungsvoraussetzungen und Zustimmung zu Zahlungen aus dem Fondsvermögen. Der Prüfungsumfang umfasst dabei auch die Kontrolle des Wertes der anzuschaffenden Vermögensgegenstände und die Vereinbarkeit der Verwendung der Erträge mit den Anlagebedingungen. Außerdem gibt es umfassende Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen und die Verwahrstelle ist berechtigt und verpflichtet, Ansprüche der Anleger gegenüber dem Kapitalverwaltungsgesellschaft geltend zu machen.

Urteil: Das Inkrafttreten des KAGB stellte in dem konkreten Fall keinen wichtigen Umstand dar, der zur Kündigung des MVK-Vertrages aus wichtigem Grund berechtigt. Auch führt das Inkrafttreten nicht zu einem Wegfall, sondern lediglich zu einer Störung der Geschäftsgrundlage. Die Aufgaben der Verwahrstelle umfassen zwar in Gänze diejenigen eines Mittelverwendungskontrolleurs und gehen sogar weit über diese hinaus. Die Tätigkeiten der Klägerin aufgrund des MVK-Vertrages können jedoch parallel zur Verwahrstellentätigkeit stattfinden. Für die Beklagte ist das Festhalten an dem MVK-Vertrag nicht unzumutbar – hieraus der Vorteil einer doppelten Kontrolle. Die Beklagte hatte Kenntnis von den Bestrebungen des Gesetzgebers zur Einführung der Verwahrstellenpflicht und hätte sich als Adressatin der Richtlinie rechtzeitig auf die kommende Rechtslage einstellen können. Sachgerecht sei jedoch eine Reduzierung der Laufzeit des MVK-Vertrages auf 2/3 der ursprünglich vereinbarten Laufzeit.

OLG München, Endurteil vom 18. November 2015 – Az.: 7 U 1538/15

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