BGH zu Haftungsbeschränkungen gegenüber Anlegern:

 

 

08. Februar 2016 | Verjährungsverkürzende Regelungen in Emissionsunterlagen und Begleitverträgen unterliegen einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

BGH: Verjährungsfristen für Haftungsansprüche kann nicht durch Formulierungen in Emissionsprospekten verkürzt werden

Nach Ansicht des BGH sind an die Wirksamkeit von haftungsbeschränkenden Regelungen in Emissionsunterlagen und Verträgen für Anlegerbeteiligungen an Publikumsgesellschaften besondere Anforderungen zu stellen.

Sachverhalt: Der Kläger verklagte im September 2012 die Treuhandkommanditistin einer Fonds-KG auf Rückabwicklung seiner Beteiligung. Er hatte im Februar 2004, also vor Geltung der Prospektpflicht für Vermögensanlagen, eine Kommanditbeteiligung gezeichnet. Grundlage für den Beitritt war ein freiwillig erstellter Emissionsprospekt, der auch den Gesellschaftsvertrag der Fondsgesellschaft, den Treuhandvertrag und einen Mittelverwendungskontrollvertrag enthielt. Diese Verträge enthalten alle Haftungsbeschränkungen zu Gunsten der Vertragspartner der Fondsgesellschaft. Auch ist in dem Prospektabschnitt „Angabenvorbehalt“ dargestellt, dass die die Haftung der Vertragspartner und Verantwortlichen für unrichtige oder unvollständige Prospektangaben sowie für die Verletzung eventueller Aufklärungspflichten, soweit rechtlich zulässig, auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ist. Ebenso wurden Aussagen zu der Verjährung getroffen, wonach Anlegeransprüche spätestens drei Jahre nach Beitritt verjähren, wenn nicht zwingende gesetzliche Regelungen entgegenstehen. Der Kläger ist der Ansicht, dass der Prospekt fehlerhaft sei und die Treuhandkommanditistin für die Fehlerhaftigkeit hafte. Die Beklagte berief sich auf die vereinbarte Haftungsbeschränkung und machte die Verjährung der Ansprüche geltend.

Rechtslage: Bei Emissionsunterlagen und Begleitverträgen einschließlich von Gesellschaftsverträgen handelt es sich um vorformulierte Verträge und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Damit die dort getroffenen Haftungsregelungen gegenüber den Anlegern wirksam sind, müssen diese Vertragsbestandteil werden und einzelne Klauseln, wie bpsw. Haftungsbeschränkungen, zu denen auch Verjährungsregelungen zählen, dürfen den Anleger weder überraschen noch unangemessen benachteiligen. Hier ist streitig, ob die verjährungsverkürzenden Regelungen wirksam sind.

Urteil: Nach dem die Klage in den Vorinstanzen keinen Erfolg hatte, führte die Revision des Klägers zur unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Denn nach Ansicht des BGH sind die in dem Vertragsbedingungen/Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen verjährungsverkürzenden Prospekt- und Vertragsregelungen nicht wirksam. Deshalb sind mögliche Ansprüche des Anlegers nicht verjährt. Da der Anleger sich mit der Einbeziehung der Verträge und den Prospektaussagen in der Beitrittserklärung einverstanden erklärt hat, sind der Prospekt und die Verträge Grundlage der Beteiligung geworden und damit wirksam mit einbezogen. Die verjährungsverkürzenden Regelungen halten aber nach Ansicht des BGH einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nicht stand. Denn von der jeweiligen Verjährungsverkürzung seien jegliche Ansprüche, also auch Ansprüche wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen, betroffen. Dies ist unzulässig. Auch der Zusatz „soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften (…) entgegenstehen“ führt nicht zur Wirksamkeit der verjährungsverkürzenden Klausel. Denn er ist seinerseits inhaltlich nicht verständlich und ihm kommt im Wesentlichen die Funktion zu, die AGB-rechtlichen Folgen unwirksamer Klauseln zu umgehen. Es wird nicht deutlich, in welchem Umfang mit der betreffenden Haftungsregelung Abweichungen vom dispositiven Recht vereinbart werden. Im Übrigen bestätigte der BGH seine Rechtsprechung, dass auch Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen. Deshalb wurde auch die verjährungsverkürzende Regelung im Gesellschaftsvertrag als unwirksam eingestuft.

BGH, Urteil vom 22. September 2015 – II ZR 340/14 (OLG Frankfurt a. M.)

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