Verjährungseinwand gegen Anlegeransprüche

 

 

08. Juni 2015 | Das OLG Frankfurt a.M. hat in einem aktuellen Urteil deutlich gemacht, dass Anlageberater dem Anleger gegenüber den Einwand der Verjährung entgegenhalten können, sofern Sie diesen über alle wesentlichen Risiken aufgeklärt haben und auch die Beitrittserklärung einen klaren durch Rahmen besonders hervorgehobenen Hinweis auf ein Totalverlustrisiko enthält.

OLG Frankfurt a.M. erleichtert Einwand der Verjährung gegen Anlegeransprüche

Nach Ansicht des OLG Frankfurt a.M. kann Schadensersatzansprüchen von Anlegern erfolgreich die Einrede der Verjährung entgegengehalten werden, wenn die Beitrittserklärung einen klaren und durch Rahmen besonders hervorgehobenen Hinweis darauf enthält, dass ein unternehmerisches Risiko besteht und bei negativem Verlauf der vollständige Verlust des Beteiligungsbetrags möglich ist.

Sachverhalt: Der im Dezember 2012 klagende Anleger machte aus eigenem Recht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an einem Schiffsfonds vom 10. Juli 2008 mit einer Nominaleinlage von USD 35.000 zzgl. Agio von fünf Prozent geltend. Seinen Anspruch stützte er auf Beratungsfehler, insbesondere sei die Anlage durch den Beklagten als absolut sicher bezeichnet worden. Im Prospekt selbst waren umfangreiche Risikohinweise einschließlich auf das Risiko des Totalverlustes enthalten. Ebenso enthielt die Beitrittserklärung einen drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis, wonach bei negativem Verlauf ein Totalverlust möglich ist. Auch wurde dort die Höhe der Provision ausdrücklich genannt. Der Anleger war der Ansicht, dass er nicht verpflichtet war, die Beitrittserklärung eingehend zu studieren, da keine Voraussetzungen gegeben gewesen seien, nach denen sich eine Falschberatung ihm förmlich habe aufdrängen müssen. Denn er sei nicht einmal gehalten, den ihm übergebenen Prospekt zu lesen, um in diesem von den tatsächlichen Risiken der Beteiligung zu erfahren. Das Landgericht Frankfurt a.M. wies die Klage des Anlegers ab.

Rechtslage: Anlageberater sind – anders als Anlagevermittler – verpflichtet, über alle wesentlichen Risiken, die aus einer Anlageentscheidung resultieren, aufzuklären und eine an den Anlagezielen des Anlegers ausgerichtete Anlageempfehlung auszusprechen. Daneben ist nach der Rechtsprechung des BGH der „Grundsatz des Vertrauens in den Anlageberater” stets zu beachten, wonach der Vorrang des gesprochenen Worts gilt. Verstößt der Berater gegen seine Pflichten, haftet er dem Anleger auf Schadensersatz. Dieser Anspruch verjährt regelmäßig in drei Jahren ab Kenntnis des Anlegers von dem Pflichtverstoß und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründendem Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.

Urteil: Das Oberlandesgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Denn das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass dem Kläger im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an dem Schiffsfonds kein durchsetzbarer Schadensersatzanspruch wegen der erhobenen Einrede der Verjährung gegen die Beklagte zusteht. Denn die Verjährung begann hier mit dem Schluss des Jahres 2008 und lief Ende 2011 ab, mithin vor Klageerhebung im Dezember 2012. Auch nach Ansicht des OLG enthielt die Beitrittserklärung sowohl einen unmissverständlichen, unübersehbaren und eindeutigen Hinweis auf das unternehmerische Risiko der Beteiligung mit ausdrücklicher Nennung eines möglichen teilweisen oder vollständigen Verlustes des Beteiligungsbetrags als auch den klaren Hinweis auf die Vertriebsvergütung der Beklagten, was der Kläger in grob fahrlässiger Weise nicht zur Kenntnis genommen hat. Denn nach Ansicht des OLG handelte der Anleger grob fahrlässig, weil seine Unkenntnis von den Risiken darauf beruhte, dass er die leicht zugängliche 2-seitige-Beitrittserklärung als Informationsquelle nicht genutzt und damit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maß verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet habe, was jedem hätte einleuchten müssen. Es leuchte ohne weiteres jedem ein, dass ein Anleger bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt selbstverständlich eine Beitrittserklärung – nicht zuletzt wegen ihrer rechtlichen Wirkungen – vor deren Unterzeichnung zu lesen habe, womit das Unterlassen des vorherigen Lesens einen schweren Obliegenheitsverstoß in eigenen Angelegenheiten darstelle und den Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens begründe.

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 29. 9. 2014 – 23 U 241/13 (LG Frankfurt)

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