PROBERATER 2022/ EXXECNEWS LEGAL 06.02.23
von Dr. Matthias Gündel
Behandelte der vorangehende Beitrag das Thema Anforderungen an den Kostenausweis und die Frage, wie Finanzanlagenvermittler diese mit Hilfe der Vorgaben der PRIIPs-RTS erfüllen können, so schließt das Thema „Befugnisse der BaFin gegenüber jedermann“ inhaltlich daran an. Denn in diesem Beitrag werden die Informationsrechte und Eingriffsbefugnisse der BaFin gegenüber jedermann im Fall von Verstößen gegen PRIIPs-Vorgaben beleuchtet – betroffen davon sind explizit auch freie Finanzanlagenvermittler. Hieraus resultieren Mitwirkungspflichten für 34f-ler, die diese unbedingt beachten sollten – andernfalls droht die Festsetzung von Zwangsgeldern.
BaFin-Befugnisse bei PRIIPS-Angeboten und Vermögensanlagen
Erweiterung des Adressatenkreises auf „jedermann“
Die BaFin ist für die Überwachung der Einhaltung der Verbote und Gebote der Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 (PRIIPs-VO) sowie auf deren Grundlage erlassenen delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte der Europäischen Kommission zuständig.
Nach § 10 Abs.1 Satz 3 Nr. 1 i.V.m. Satz 4 WpHG kann insbesondere die Vermarktung, der Vertrieb und der Verkauf von PRIIPs vorübergehend oder dauerhaft untersagt werden, wenn der Verstoß gegen Artikel 5 Abs. 1 PRIIPS-VO vorliegt – d.h. ein Basisinformationsblatt nicht den Anforderungen der PRIIPs-VO entspricht oder nicht auf der Website veröffentlicht wurde.
Mögliche BaFin-Anordnungen für den Fall von Verstößen in § 10 Abs.1 S. 3
- Untersagung des Vertriebs
- Untersagung der Nutzung des Basisinformationsblatts (BIB)
- Pflicht ein neues BIB zu erstellen
- Veröffentlichung einer Warnung auf der Internetseite / Nennung des verantwortlichen Wertpapierdienstleistungsunternehmens und der Art des Verstoßes
Wer kann Adressat der BaFin-Anordnung sein?
Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WpHG kann die BaFin solche Anordnungen gegenüber einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das über ein PRIIP berät, es verkauft oder Hersteller eines PRIIP ist, treffen, wenn diese zur Durchsetzung der o.g. Verbote und Gebote geeignet und erforderlich sind.
Zum anderen nach § 10 Abs. 1 Satz 4 WpHG auch gegenüber sonstigen Personen oder Personenvereinigungen, die über ein PRIIP beraten, es verkaufen oder Hersteller von PRIIP sind.
Auch § 15 Abs. 1 Satz 2 WpHG erweitert den Adressatenkreis von Produktinterventionen. Die BaFin kann Interventionsmaßnahmen gegenüber „jedermann“ treffen. Insbesondere in Zusammenhang mit dem Vertrieb von Vermögensanlagen, also gegenüber Finanzanlagenvermittler und Honoraranlageberater.
Während Adressat des Unionsrechts Wertpapierfirmen und Kreditinstitute sind, die Wertpapierdienstleistungen erbringen und Anlagetätigkeiten ausüben (vgl. Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Nr. 600/2014 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 und 2 RL 2014/65/EU), soll mit der Eingriffsbefugnis gegenüber „jedermann“ nach dem Willen des Gesetzgebers vor allem der Direktvertrieb von Vermögensanlagen und weiteren Finanzinstrumenten und die Anlagevermittlung durch freie Finanzanlagenvermittler erfasst werden (Begr. RegE Kleinalegerschutzgesetz, BT-Drucks. 18/3994,53; Begr. RegE 2. FiMaNoG, BT-Drucks. 18/10936,228; vgl. auch Assmann/Schneider/ Mülbert, Komm. zum WpHG § 15 Rdnrn. 3,17,18).
Hinweis: Das Interventionsrecht der BaFin berührt nicht die Überwachung freier Finanzanlagenvermittler durch die Gewerbeaufsichtsbehörden.
Kommt es zu BaFin-Verfügungen gegenüber Finanzanlagenvermittlern, so kann die verbotswidrige (Weiter-) Vermittlung von Vermögensanlagen oder Anteilen an Investmentvermögen i.S.d. KAGB zum Verlust der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit gem. § 34f Abs. 2 Nr. 1 GewO und zum Entzug der Erlaubnis durch die Gewerbeaufsichtsbehörde führen.
Informationsrechte der BaFin: Welche Infos kann die BaFin von 34f-lern verlangen?
Bei Verstößen prüft die BaFin also, ob im Einzelfall die Voraussetzungen für eine Maßnahme nach § 10 Abs. 1, Satz 2, Satz 3 Nr. 1 i.V.m. Satz 4 oder nach § 15 WpHG vorliegen. Dabei stehen ihr im Vorfeld einer möglichen Produktintervention äußert umfangreichen Auskunfts- und Vorlagerechte zu. Einzige Voraussetzung ist, dass der Vertrieb eines PRIIP oder einer Vermögensanlage stattfindet und die betroffene Person Kenntnis von aufsichtsrechtlich relevanten Umständen hat.
Wichtig ist: Für die Informationsrechte der BaFin ist kein Anfangsverdacht hinsichtlich eines Verstoßes gegen aufsichtsrechtliche Vorgaben erforderlich. Das bedeutet: Die BaFin kann jederzeit Auskunft über Informationen verlangen, die dem Adressaten bereits vorliegen. Das gilt nicht für die Vorlage von Dokumenten, die der Adressat erst beschaffen muss.
34f-ler sollten auf jeden Fall Auskunftsersuchen der BaFin fristgerecht nachkommen. Ansonsten drohen Zwangsgelder, die sofort vollziehbar sind.
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