Good News für Emittenten: Gesetz zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung

 

 

 

GoingPublic Magazin, Special Kapitalmarktrecht 2018, 27. April 2018, S. 20ff.
von Dr. Matthias Gündel und Christina Gündel

Die Europäische Union will bis Ende 2019 eine „Kapitalmarktunion“ schaffen. Im Zuge dessen wurde mit der EU-Prospektverordnung (EU) 2017/1129 ein neues Regelungsregime für Angebots- und Zulassungsprospekte verabschiedet. Zielsetzung ist einerseits für Unternehmen eine Vereinfachung des Zugangs zu den Kapitalmärkten und andererseits für Anleger eine erhöhte einheitliche Transparenz und Rechtssicherheit innerhalb der Union. Die Verordnung ist am 20. Juli 2017 in Kraft getreten.
Am 13. Februar 2018 hat das Bundesministerium der Finanzen nun einen Referentenentwurf für das Gesetz vorgelegt, mit dem die EU-Vorgaben zur Reform des Prospektrechts durch Änderung mehrerer Finanzmarktgesetze und – verordnungen in Deutschland umgesetzt durch die Verordnung eingeräumte Optionen genutzt werden sollen.

Die Änderungen sind weit reichend: Betroffen sind das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), die Wertpapierprospektgebührenverordnung (WpPGebV), das Handelsgesetzbuch (HGB), das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG), das Kreditwesengesetz (KWG) und das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), des weiteren noch Nebengesetze, wie das Geldwäschegesetz (GwG).
Hinzu kommt zusätzlicher Anpassungsbedarf im KAGB aufgrund der Verordnung über Geldmarktfonds der Europäischen Union: Hier wurden spezielle Regelungen für Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) und Alternative Investmentfonds (AIF) geschaffen, die als Geldmarktfonds anzusehen sind. Diese Regelungen betreffen insbesondere die Festlegung zulässiger Anlageinstrumente, die Anlagepolitik, die Bewertung der Vermögenswerte und Meldepflichten.

Wesentliche Regelungsschwerpunkte des Referentenentwurfes im Überblick:

Wertpapierprospekte: Ausnahmen und verhältnismäßige Offenlegungspflichten

Der Referentenentwurf nutzt Optionen der EU-Prospektverordnung zu verhältnismäßigen Offenlegungspflichten. Zugleich werden die Ausnahmen von der Prospektpflicht gemäß der EU-Prospektverordnung in das Wertpapierprospektgesetz (WpPG) übernommen, redaktionelle Fehler im WpPG korrigiert, das Sprachregime in Bezug auf Prospekte flexibler gestaltet und die Gebührenverordnung (WpPGebV) um neue Gebührentatbestände im Zusammenhang mit dem Wertpapier-Informationsblatt ergänzt.

So besteht für Angebote mit einem Gesamtgegenwert von weniger als 1 Million Euro innerhalb von zwölf Monaten innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums ab dem 21. Juli 2018 keine Prospektpflicht mehr. Auf nationaler Ebene können aber andere Offenlegungspflichten vorgesehen werden, sofern diese keine unverhältnismäßige und unnötige Belastung darstellen. Für Emissionen, die sich im Bereich der Schwellen von 100.000 Euro bis weniger als 1 Million Euro bewegen, wird auf der Grundlage dieser EU-rechtlichen Vorgaben ein Wertpapier-Informationsblatt eingeführt.

Das heißt, für solche Angebote innerhalb Deutschlands ist erstmals ein Wertpapier-Informationsblatt zu erstellen – angelehnt an die Regelungen zum Vermögensanlagen-Informationsblatt nach dem VermAnlG und adaptiert für die Zwecke des WpPG. Das Wertpapier-Informationsblatt soll (potentiellen) Anlegern als Informationsquelle für ihre Anlageentscheidung und damit dem Anlegerschutz dienen. Die Änderung des WpPG enthält unter anderem Vorgaben zu Inhalt und Umfang des Wertpapier-Informationsblatts sowie zur Reihenfolge der erforderlichen Angaben, um die Vergleichbarkeit verschiedener Wertpapierangebote zu verbessern, außerdem zur Veröffentlichung des Wertpapier-Informationsblatts und zu seiner Aktualisierung sowie zur mit dem Wertpapier-Informationsblatt verbundenen Haftung des Anbieters.

Ebenfalls neu: Öffentliche Angebote von Wertpapieren können nun von der Prospektpflicht ausgenommen werden, wenn das Angebot nur in einem Mitgliedstaat erfolgt und sein Gesamtgegenwert über einen Zeitraum von zwölf Monaten 8 Millionen Euro nicht übersteigt. Wie bisher bleiben CRR-Kreditinstitute und Emittenten, deren Aktien bereits zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, von der Prospektpflicht für öffentliche Wertpapierangebote ausgenommen, wenn der Verkaufspreis weniger als 5 Millionen Euro beträgt.

Vermögensanlagen-Angebote

Es gibt Anpassungen der Regelungen zum Vermögensanlagen-Informationsblatt und seiner Veröffentlichung sowie der Bußgeldtatbestände. Damit werden Unstimmigkeiten beseitigt, die bei den Änderungen des VermAnlG im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie übersehen wurden.

Wertpapierhandelsrecht

Im WpHG wird klargestellt, dass neben einem Wertpapier-Informationsblatt nicht zusätzlich ein Produktinformationsblatt erstellt werden muss.

Fazit

Good News für KMU-Emittenten: In Sachen Prospekterstellung werden sie künftig entlastet – wenn nicht bereits durch Ausnahmen von der Prospektpflicht, dann durch vereinfachte Darstellungen und damit verbundene Kostenersparnisse. Die Reduzierung von Aufwand und Kosten der Prospekterstellung wird voraussichtlich insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt erleichtern.

Trotz dieser Erleichterungen auf Unternehmensseite soll der Anlegerschutz verbessert werden. Ob etwa die Darstellung von 15 Risikofaktoren in einer auf maximal sieben Seiten verschlankten Prospektzusammenfassung tatsächlich zu einer transparenteren Erfassbarkeit für den Anleger führen, wird sich zeigen. Jedenfalls soll künftig eine seitens der europäischen Marktaufsicht ESMA betriebene europaweite Online-Datenbank dafür sorgen, dass Anleger einfacher und kostenfrei auf Wertpapierprospekte zugreifen können.

Nachdem die Frist für die Einreichung von Stellungnahmen der Branchenteilnehmer zum Referentenentwurf bereits am 23.Februar 2018 abgelaufen ist, bleibt nun abzuwarten, wie im nächsten Schritt der Regierungsentwurf aussehen wird.

 

 

 

 

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