Was das Gesetz für elektronische Wertpapiere mit sich bringt

 

 

 

DAS INVESTMENT.com 11.05.2021
von Christina Gündel und Dr. Matthias Gündel

Am Donnerstag, den 06. Mai 2021 hat der Bundestag einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung von elektronischen Wertpapieren verabschiedet. Selten wurden für ein Gesetz so viele Superlative verwendet: „Meilenstein im Wertpapierrecht“, „Zeitenwende am Kapitalmarkt“, „revolutionärer Charakter für die Finanzindustrie“, „Zäsur für den Kapitalmarkt“, „regulatorischer Quantensprung“ et cetera.

Der Hintergrund

Im Unterschied zum fortschrittlicheren (EU-) Ausland galt in Deutschland noch zivilrechtliches Wertpapierrecht von 1896. Die Folge: Wertpapiere müssen hierzulande bisher zwingend in einer Papierurkunde verbrieft werden.

Eine Modernisierung des Wertpapierrechts, das heutigen Bedürfnissen gerecht wird, war daher dringend erforderlich – auch um dadurch die Wettbewerbschancen des Finanzplatzes Deutschland zu steigern. Gesetzgeberisches Ziel war gleichzeitig auch eine Schaffung rechtssicherer regulatorischer Rahmenbedingungen und Aufsichtsstrukturen.

In Umsetzung der Blockchain-Strategie der Bundesregierung von September 2019 ebnet das Gesetz für elektronische Wertpapiere nun den Weg in ein digitales (Jetzt-) Zeitalter.

Die Änderungen

Das Erfordernis einer urkundlichen Verkörperung von Wertpapieren wird aufgegeben. Emittenten haben künftig die Wahl, ob sie Wertpapiere mittels Urkunde oder auf elektronischem Wege emittieren wollen.

Neben der klassisch verbrieften Inhaberschuldverschreibung führt das Gesetz zwei neue Begebungsformen ein: das elektronische Zentralregisterwertpapier und das Kryptowertpapier. Der Unterschied liegt in der Art der Registerführung. Das Zentralregisterwertpapier wird im zentralen Register der Wertpapierinhaber von einem sog. Zentralverwahrer, also einer zugelassenen Wertpapiersammelbank oder gegebenenfalls einer Depotbank eingebucht. Beim Kryptowertpapier wird unter Nutzung der Blockchain-Technologie ein dezentrales Kryptowertpapierregister geführt – den Registerführer kann der Emittent selbst bestimmen.

Die elektronischen Wertpapiere entstehen unmittelbar mit der Eintragung im jeweiligen elektronischen Wertpapierregister. Aus dem Register sollen sich alle für den Rechtsverkehr wesentlichen Ausstattungsmerkmale des Wertpapieres ergeben. Erwerber dürfen im Sinne eines Gutglaubensschutzes auf die Richtigkeit des Registers vertrauen.

Mit der Eintragung entfaltet ein elektronisches Wertpapier dieselbe Rechtswirkung wie eine physische Papier-Urkunde und gilt über eine gesetzliche Fiktion als Sache. Die Folge ist: Verfügungen können nun rechtssicher nach sachenrechtlichen Grundsätzen stattfinden.

Umgang mit Kryptowertpapieren

Mit der Wertpapier-Eigenschaft sind hohe aufsichtsrechtliche Anforderungen und wesentliche zivilrechtliche Folgen verbunden. Für ein Kryptowertpapier ist eine Kennzeichnung als solches sowie eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger und gleichzeitig eine Mitteilung an die Aufsichtsbehörde vorgesehen. Die Stellen, die ein Kryptowertpapierregister führen, werden unter Aufsicht der Bafin gestellt. Die Kryptowertpapier-Registerführung ist erlaubnispflichtig.

Die Regelungen des eWpG betreffen vorerst nur Inhaber-Schuldverschreibungen sowie teilweise Inhaber-Anteilscheine. Eine Öffnung für weitere Inhaberpapiere ist später vorgesehen.

Tatsächlich hat der Gesetzgeber auf den letzten Metern des Verfahrens noch etwas Wesentliches ergänzt: Durch eine Änderung des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) soll eine spätere Ausweitung des Anwendungsbereichs weiterer Vorschriften des eWpG auf elektronische Anteilscheine per Rechtsverordnung ermöglicht werden. Das bedeutet: Es könnten dann auch elektronische Fondsanteile eingeführt werden, die in ein dezentrales Kryptoregister eingetragen sind.

Technologieneutral

Mit Blick auf zukünftige Lösungen gelten die Regeln „technologieneutral“. Das heißt, sie gelten auch für andere digitale dezentrale fälschungssichere Aufzeichnungssysteme jenseits von Blockchain- und vergleichbaren Distributed-Ledger-Technologien. Das Gesetz tritt voraussichtlich noch in diesem Jahr – am Tag nach der Verkündung – in Kraft. Es soll spätestens drei Jahre später evaluiert werden.

IHRE
ANSPRECHPARTNER

Dr. Matthias Gündel

Geschäftsführer, Rechtsanwalt  +49 (551) 789 669 0
  m.guendel@gk-law.de

     

Irena Behmke

Rechtsanwältin   +49 (551) 789 669 0
  i.behmke@gk-law.de

 

Christina Gündel

Rechtsanwältin, PR-Referentin +49 (551) 789 669 0
  c.guendel@gk-law.de

 

BLOG
BEITRÄGE

WEITERE
PUBLIKATIONEN

08.05.2023

Erster Entwurf für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz

Am 12. April 2023 hat das Bundesfinanzministerium einen Referentenentwurf für das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) vorgelegt. Angesichts eines zunehmend digitalisierten Kapitalmarkts soll künftig auch die Emission von sogenannten „Blockchain-Aktien“ als elektronische Wertpapiere im Sinne des eWpG möglich sein.

Christina Gündel Rechtsanwältin, PR-Referentin
Dr. Matthias Gündel Geschäftsführer, Rechtsanwalt
05.09.2022

BaFin veröffentlicht Fragen und Antworten zur EU-Offenlegungsverordnung

Ökologisch nachhaltige Finanzprodukte und EU-Taxonomie sind in aller Munde. Unklar ist aber vielfach, was für wen im Einzelfall zu tun ist. Die BaFin hat deshalb am 05. September 2022 Fragen
und Antworten zur EU-Taxonomie und der EU-Offenlegungsverordnung veröffentlicht.

Christina Gündel Rechtsanwältin, PR-Referentin
11.05.2021

Was das Gesetz für elektronische Wertpapiere mit sich bringt

Am Donnerstag, den 06. Mai 2021 hat der Bundestag einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung von elektronischen Wertpapieren verabschiedet. Selten wurden für ein Gesetz so viele Superlative verwendet …

Christina Gündel Rechtsanwältin, PR-Referentin
Dr. Matthias Gündel Geschäftsführer, Rechtsanwalt
11.02.2021

Containerinvestments: Bafin haftet nicht gegenüber Anlegern

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat eine Klage von Anlegern, die Containerinvestments getätigt hatten, gegen die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin abgewiesen. Ziel der Investoren war es, die Behörde wegen vermeintlicher Pflichtverletzungen in Haftung zu nehmen. (Az. 1 U 83/19).

Christina Gündel Rechtsanwältin, PR-Referentin