BGH legt Auslegungsfrage dem EuGH vor:

 

 

21. März 2016 | Ist die Vermittlung von Vermögensverwaltungsvollmachten erlaubnispflichtig nach dem KWG?

BGH legt Frage, ob Annahme und Übermittlung eines Auftrags zur Portfolioverwaltung eine Wertpapierdienstleistung i.S.d. KWG darstellen, dem EuGH vor

Rechtslage: Die zur Entscheidung stehende Rechtsfrage im Revisionsverfahren hängt von der Auslegung der MiFID-I-Finanzmarktrichtlinie ab. Daher wurde das Verfahren von Amts wegen ausgesetzt, um eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) einzuholen. Die Kernfrage des Verfahrens ist, ob die Vermittlung eines Portfolioverwaltungsvertrags (auch Vermögensverwaltungsvertrag genannt) als Wertpapierdienstleistung im Sinne der Finanzmarktrichtlinie anzusehen ist und in der Konsequenz Vermittler einer Vermögensverwaltungsvollmacht einer Erlaubnis nach § 32 KWG bedürfen.

Sachverhalt: Der Kläger hat einen mit der Beklagten geschlossenen Vermögensverwaltungsvertrag widerrufen und begehrt im Zusammenhang mit der durch die Beklagte erbrachten Anlageberatung und -vermittlung Rückzahlung gezahlter Raten und Schadenersatz. Die Beklagte verfügt nicht über eine 32-KWG-Lizenz. Die Klage war zunächst durch das Landgericht als unbegründet abgewiesen worden. In der Berufungsinstanz erklärte der Kläger die Klage nach Erhalt einer Teil-Rückzahlung in dieser Höhe für erledigt. Das Oberlandesgericht wies die Berufung zurück. In der Revisionsinstanz verfolgt der Kläger sein Begehren – Zahlung sowie im Übrigen Feststellung der Erledigung – weiter.

Die Frage der Erlaubnispflicht ist umstritten und bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Nach Auffassung der BaFin stellt ein Vermögensverwaltungsvertrag ein Geschäft über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten dar – die Vermittlung ist damit gemäß § 32 KWG erlaubnispflichtig. Es sei nicht zwingendes Erfordernis, dass der rechtliche Erwerb des Finanzinstruments unmittelbar durch die Vermittlung bewirkt werde. Diese Rechtsansicht wird auch durch zwei erstinstanzliche Verwaltungsgerichtsentscheidungen gestützt.

Herrschende Auffassung in der Literatur ist dagegen, dass die Vermittlung von Vermögensverwaltern nur dann erlaubnispflichtig ist, wenn diese sich auf ein konkretes, Finanzinstrumente beinhaltendes Geschäft bezieht.

Sollte der EuGH in seiner Vorabentscheidung die Vermittlung eines Portfolioverwaltungsvertrags als Wertpapierdienstleistung im Sinne der Finanzmarktrichtlinie ansehen, so hätte die Revision des Klägers Erfolg. Das Berufungsgericht hätte einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs.1 KWG auf der Grundlage seiner bisher getroffenen Feststellungen zu Unrecht verneint.

Sieht der EuGH die Vermittlung eines Portfolioverwaltungsvertrages dagegen nicht als Wertpapierdienstleistung im Sinne der Finanzmarktrichtlinie an, so hätte das Berufungsgericht einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 in Verbindung mit §32 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 KWG zu Recht verneint. Die Revision wäre in diesem Fall zurückzuweisen.

BGH, Beschluss vom 10. November 2015 – VI ZR 556/14 (KG-Urteil vom 05. Juni 2014 – 22 U 90/13)

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