BGH zur Einlagenpflicht bei Liquidation einer Kommanditgesellschaft trotz widerrufener Beteiligungserklärung

     

     

    16. Mai 2018 | Ende Januar hat der Bundesgerichtshof (BGH) mehrere bis dahin strittige Rechtsfragen zur Leistung rückständiger Einlagen bei der Abwicklung einer Kommanditgesellschaft, die unerlaubt Bankgeschäfte betrieben hat, geklärt.

    Sachverhalt: Die Klägerin ist eine in Liquidation befindliche Publikumsgesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG. Der beklagte Anleger trat der Klägerin im April 2009 als Treugeberkommanditist bei. Er zeichnete Euro 120.000,- zzgl. Agio, wobei durch Einmalzahlung Euro 37.200 und der Restbetrag in monatlichen Raten von Euro 1.000,- zu zahlen war. Nach dem Gesellschaftsvertrag gelten dessen Regelungen „analog“ für die Treugeberkommanditisten. Im Jahr 2011 ordnete die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Abwicklung der Klägerin an und bestellte einen Abwickler im Mai 2012. Der Beklagte stellte im Mai 2012 seine Ratenzahlungen ein und widerrief seine Beitritts- und Treuhandvertragserklärung. Auch erklärte er die Kündigung aus wichtigem Grund. Die Klägerin, vertreten durch den Abwickler, verklagte den Anleger auf Zahlung der rückständigen Raten von Euro 20.000,- sowie die Zahlung von weiteren 32 monatlichen Raten in Höhe von Euro 1.000,- nebst Zinsen.

    Rechtslage: Zu klären war, ob auch noch in der Liquidationsphase einer Kommanditgesellschaft ausstehende Einlagen durch den Anleger trotz Widerruf der Beteiligungserklärung aufzubringen sind und ob der Liquidator ohne Beschluss der Gesellschafterversammlung berechtigt ist, die ausstehende Einlage zu verlangen und wenn ja, in welcher Höhe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, die bis zum Zugang der Widerrufserklärung fälligen monatlichen Raten zu zahlen, worauf hin Kläger und Beklagte Revision beim BGH einlegten.

    Urteil: Der BGH hob das Berufsurteil auf und verwies die Sache zurück an das Berufsgericht, weil der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt war. Denn nach Ansicht des BGH konnten weder der Widerruf noch die Kündigung den Anleger von seiner Pflicht zur Leistung der Einlage befreien. Vielmehr führen Kündigung und Widerruf auch in der Liquidation der Gesellschaft zu einer Abwicklung der Beteiligung nach den sog. Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft. Die Pflicht zur Leistung der Einlage entfällt deshalb nicht. Dies gilt auch für Treugeber. Weiterhin stellte der BGH klar, dass auch ein von der BaFin bestellter Abwickler die gleichen Rechte wie ein „normaler Liquidator“ hat und bei Publikumsgesellschaften auch ohne Beschluss der Gesellschafterversammlung zur Einforderung rückständiger Einlagen berechtigt ist. Er kann jedoch nur solche Einlagen verlangen, die zur Durchführung der Liquidation und damit hauptsächlich zur Befriedigung der Gläubiger der Kommanditgesellschaft erforderlich sind. Wie hoch dieser Betrag bei dem in Rede stehenden Fall ist, war noch nicht geklärt und ist nunmehr vom Berufungsgericht zu entscheiden.

    BGH, Urteil vom 30. Januar 2018 – II ZR 95/16 (OLG Stuttgart)

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