19. Oktober 2018 | Zahlungen des Inhabers eines Handelsgewerbes an einen stillen Gesellschafter, denen ein gewinnunabhängiges Zahlungsversprechen im Gesellschaftsvertrag zugrunde liegt, sind entgeltliche Leistungen, wenn sie die Gegenleistung für die erbrachte Einlage darstellen.
Sachverhalt: Die E. Gesellschaft mbH (Schuldnerin) gab eine kostenlose Zeitung heraus. Zur Deckung ihres Kapitalbedarfs bot sie privaten Anlegern seit Ende der 90er Jahre die Möglichkeit, sich mit einer Einlage als stille Gesellschafter zu beteiligen. Die jeweiligen Vereinbarungen bezeichnete die Schuldnerin als „Gesellschaftsvertrag zum Medienbrief Nr. […]“ und versprach Anlegern die Zahlung eines als „Vorabvergütung“ bezeichneten jährlichen Zinses auf die Einlage. Seit 2001 machte die Schuldnerin Verluste. Die Einlagen neu beitretender Gesellschafter verwendete die Schuldnerin in einer Art „Schneeballsystem“ für Auszahlungen an die stillen Gesellschafter sowie zur Finanzierung ihres Geschäftsbetriebs. Die Beklagte erwarb in der Zeit zwischen 2008 und 2013 insgesamt 28 Medienbriefe zu je 5.000 Euro. Die Schuldnerin zahlte insgesamt Vorabvergütungen in Höhe von 20.265,10 Euro an die Beklagte und führte Abgeltungssteuer i.H.v. 4.878,91 Euro an das Finanzamt ab. 2014 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Der Insolvenzverwalter klagt auf Erstattungen der Vorabvergütungen einschließlich der abgeführten Abgeltungssteuer.
Das Landgericht hatte die Beklagte antragsgemäß verurteilt; die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Die Beklagte legte Revision ein.
Urteil: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Klageabweisung. Dem Kläger steht kein insolvenzrechtlicher Rückgewähranspruch zu, weil die gewinnunabhängigen Zahlungen zulässig waren.
Auch wenn die Gesellschaft keine Gewinne erzielte, sind Zahlungen an die stillen Gesellschafter zulässig, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht. Solche Zahlungen können – abweichend von der gesetzlichen Regel für stille Beteiligte – in der Weise vereinbart werden, dass dem stillen Gesellschafter eine feste Verzinsung seiner Einlage versprochen wird, die unabhängig davon ist, ob der jährliche Gewinn zur Deckung des garantierten Betrages ausreicht oder ob überhaupt Gewinn erzielt wird. Sie gehen damit letztlich zu Lasten des Kapitals. Sie sind im insolvenzrechtlichen Sinne entgeltlich, weil sie die Gegenleistung für die erbrachte Einlage darstellen.
Im vorliegenden Fall war der Gesellschaftsvertrag über die Stille Beteiligung Rechtsgrund für die Zahlung der Vorabvergütungen an die Beklagte. Diese Leistung erfolgte an die Beklagte auch nicht unentgeltlich, weil sie Gegenleistung für die seitens der Beklagten erbrachten Einlagen war.
BGH (IX. Zivilsenat), Urteil vom 05.07.2018 – BGH Aktenzeichen IX ZR 139/17
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