Europäische Finanzmarktrichtlinie (MiFID) in deutsches Recht umgesetzt

 

 

 

26. November 2007 | Am 01. November ist das deutsche Umsetzungsgesetz zur Europäischen Finanzmarktrichtlinie (MiFID) in Kraft getreten.

Der Gesetzgeber ist damit seiner Pflicht nachgekommen, die europäischen Regelungen, die auch als das neue Grundgesetz für den Finanzmarkt gelten, in deutsches Recht umzusetzen. Ziel der Neuregelungen ist es, den Finanzdienstleistungsmarkt transparenter zu machen und den Wettbewerb zwischen den Anbietern zu stärken.

Neue Organisations- und Informationspflichten für Anlageberater
Finanzdienstleister bedürfen künftig grundsätzlich einer Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), um ihr Geschäft zu betreiben. Sie müssen zudem zum Zwecke des Anlegerschutzes umfangreiche Organisations- und Informationspflichten erfüllen. Dazu gehört neben der Pflicht zur Offenlegung sämtlicher dem Kunden entstehenden Kosten inkl. Provisionen auch, sich ein genaues Bild vom jeweiligen Anleger zu machen und ihm nur solche Angebote zu unterbreiten, die seiner Risikotragfähigkeit und seiner Anlageerfahrung entsprechen.

Orderausführung nur noch zu bestmöglichen Konditionen – „Best Execution“
Weitere Neuerung ist die sogenannte Best-Execution-Regel, nach der Anlageberater verpflichtet sind, jeden Auftrag ihrer Kunden zu den bestmöglichen Konditionen, also z. B. zum günstigsten Preis inkl. und mit der höchstmöglichen Ausführungswahrscheinlichkeit, erfüllen müssen. Daraus folgen umfangreiche Anforderungen an die innere Organisation und das Informationsmanagement der Finanzdienstleister.

In diesem Bereich hatte es in der Vergangenheit immer wieder Fälle von Täuschung und Missbrauch gegeben. Für Banken und Finanzdienstleister ebenfalls von besonderer Bedeutung ist die Einführung einer Erlaubnispflicht für die Anlageberatung. Wer künftig persönliche Empfehlungen gegenüber Anlegern abgibt, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, und diese auf die persönlichen Umstände des Anlegers abgestimmt hat oder als für den Anleger geeignet darstellt, benötigt dazu eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Ausnahmen gelten nur für freie Investmentfonds-Vermittler und vertraglich gebundene Vermittler.

Änderungen ergeben sich auch für die Empfehlung von bestimmten Finanzdienstleistungen an den einzelnen Kunden. Anlageberater müssen sich danach ein genaues Bild von Anlageziel, Erfahrung und Risikotragfähigkeit des Anlegers machen und ihr Angebot darauf abstimmen. So dürfen dem Privatkunden oder Kleinanleger, der etwas für seine private Altersvorsorge tun möchte keine ebenso riskanten Angebote unterbreitet werden, wie dem erfahrenen, möglicherweise professionellen Anleger. Etwas anderes gilt nur, wenn der Kunde von sich aus etwa nach besonders riskanten Produkten fragt, dann ist er aber darauf hinzuweisen, dass das gewählte Finanzinstrument nicht zu seinen Rahmendaten passt.

Für Anleger besonders interessant ist die neue Pflicht zur sogenannten „Best Execution“: Hat der Kunde seine Anlageentscheidung getroffen und einen entsprechenden Auftrag erteilt, so muss der Anbieter diesen so preiswert wie möglich ausführen. Damit einher gehen umfangreiche Organisationspflichten für Finanzdienstleister, die garantieren sollen, dass sie jederzeit die unter den Gesichtspunkten Preis, anfallende Kosten, Geschwindigkeit und Wahrscheinlichkeit der Ausführung günstigste Handelsplattform wählen. Eine Ausnahme besteht lediglich für den Kauf und Verkauf von Investmentfonds: Hier gilt der Weg über die Fondsgesellschaften selbst von vornherein als bestmögliche Transaktion.

Für die Anbieter von Finanzprodukten bedeutet die Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie eine große Herausforderung im Hinblick auf Organisation und Kundenkommunikation / Umsetzung im Einzelfall. Dazu Rechtsanwalt Dr. Gündel von der Kanzlei Gündel & Katzorke in Göttingen: „Gerade mit Blick auf die Haftungsrisiken müssen unternehmensinterne Richtlinien und Prozesse sorgfältig darauf geprüft werden, ob sie den Anforderungen der MiFID genügen. Hier haben noch viele Finanzdienstleister Nachholbedarf.“ Zugute kommen den Anbietern einige Übergangsregelungen, die die vollständige Geltung der MiFID bis zum 31.01.2008 verzögern.

Die MiFID bedeutet für Anlageberater aber nicht nur zusätzliche Pflichten und Aufwand. Sie kann einzelnen Unternehmen auch einen Wettbewerbsvorteil bringen. „Nicht alle Finanzdienstleistungen sind nach deutschem Recht erlaubnispflichtig. Wertpapierhandelsunternehmen, die sich freiwillig den Regelungen der MiFID unterwerfen, erwerben den sogenannten „europäischen Pass“, das heißt, sie dürfen unter bestimmten Voraussetzungen in anderen europäischen Staaten tätig werden und sich damit gegenüber der Konkurrenz einen Vorsprung verschaffen“, so Gündel.

Mit der MiFID wird nur eines mehrer Elemente des sogenannten „Financial Services Action Plans“ der Europäischen Union umgesetzt. Gündel: „Die MiFID ist sicherlich nicht die letzte große Reform, die wir auf absehbare Zeit im Kapitalmarktrecht erleben werden. Sowohl im Finanzdienstleistungsbereich als auch im Gesellschaftsrecht befinden wir uns in einem ständigen europäischen Harmonisierungsprozess, dessen Ende bei weitem nicht erreicht ist – es bleibt spannend!“

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