OLG Frankfurt a.M. zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers bei erlaubnispflichtigem Geschäftsmodell

 

15. März 2017 | Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass der Geschäftsführer eines Unternehmens auch dann zivilrechtlich persönlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann, wenn er aufgrund interner Aufgabenverteilung zwar nicht für die erlaubnispflichtigen Tätigkeiten verantwortlich ist, aber seine Tätigkeit Teil des Geschäftsmodells des Unternehmens ist.

Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass der Geschäftsführer eines Unternehmens auch dann zivilrechtlich persönlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann, wenn er aufgrund interner Aufgabenverteilung zwar nicht für die erlaubnispflichtigen Tätigkeiten verantwortlich ist, aber seine Tätigkeit Teil des Geschäftsmodells des Unternehmens ist.

Sachverhalt: Der Kläger verlangt u.a. von einem der Geschäftsführer einer GmbH persönlich wegen unerlaubter Handlung Schadensersatz in Höhe des Rückkaufswertes einer Lebensversicherung, der von der von ihm mitgeführten GmbH vereinnahmt worden ist. Der Beklagte war während des entscheidungserheblichen Zeitraums Geschäftsführer einer GmbH, deren Geschäftsmodell es war, Lebensversicherungen anzukaufen und den Kaufpreis in Höhe vom Doppelten des Rückkaufwertes der Lebensversicherung erst nach acht Jahren an den Verkäufer auszuzahlen. Die Zahlung des Kaufpreises sollte durch die Investition der eingezogenen Rückkaufssumme in Immobilien oder durch die Zahlung der Muttergesellschaft aus einem Patronat sichergestellt werden. Der beklagte Geschäftsführer behauptete, er sei für die Immobiliengeschäfte und nicht für den Ankauf der Lebensversicherung zuständig gewesen. Die GmbH verfügte nicht über eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz und die Geschäftsführer beriefen sich darauf, dass die Erlaubnispflicht des Geschäftsmodells vorab von ihren Anwälten geprüft worden sei und eine Erlaubnispflicht dabei verneint wurde. Eine Bestätigung der BaFin, für die konkret verwendeten Verträge lag jedoch nicht vor.

Rechtslage: Entscheidungserheblich war hier die Frage, ob der Ankauf der Lebensversicherungen und die damit verbundene Entgegennahme der Rückkaufswerte erlaubnispflichtig war und der Beklagte auch dann hafte, wenn er nicht für den Ankauf, sondern nur für das Immobiliengeschäft verantwortlich war.

Urteil: Das OLG Frankfurt a.M. kam zu dem Schluss, dass der von der GmbH betriebene Ankauf von Lebensversicherungsverträgen ein Einlagengeschäft darstellt und der schriftlichen Erlaubnis der BaFin bedurfte. Mangels einer solchen Erlaubnis hat die GmbH objektiv den Straftatbestand des unerlaubten Erbringens von Bankgeschäften verwirklicht. Der Ankauf von Lebensversicherungsverträgen mit dem Ziel, diese zu kündigen und die Gelder zu vereinnahmen, jedoch den „Kaufpreis“ und damit die Gegenleistung erst nach acht Jahren zu erbringen, stellt nach Ansicht des Gerichts eine „Annahme fremder Gelder als Einlagen“ dar. Denn aufgrund der Stundung des Kaufpreises für acht Jahre und der Kaufpreishöhe, die das Doppelte des Rückkaufwertes beträgt, erfolge eine Darlehensgewährung und damit wurde das Einlagengeschäft betrieben. Wegen der Umstände des Einzelfalls wurde auch die Gewerblichkeit unterstellt. Weiterhin stellt das OLG fest, dass die fehlende Verantwortlichkeit des Beklagten für den Ankauf der Lebensversicherung für seine Haftung nicht relevant ist. Denn dies entbindet ihn nicht von seiner Verantwortung für das unerlaubte (gesamte) Geschäftsmodell, zu dem auch der Ankauf der Lebensversicherung gehörte. Denn es wurden gerade nicht die tatsächlich eingesetzten Vertragsmuster der BaFin zur Prüfung vorgelegt und zum anderen wurden Hinweise der Anwälte, dass Änderungen in den Verträgen immer vorab zu prüfen sind, nicht beachtet. Der Geschäftsführer habe deshalb bei der Umsetzung des Geschäftsmodells nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns walten lassen. Deshalb hafte er auch persönlich gegenüber dem Anleger aus unerlaubter Handlung.


OLG Frankfurt a. M. Urteil vom 14. Oktober 2016

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