08. Dezember 2017 | Laut einem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichtes Schleswig-Holstein ist der Insolvenz-Verwalter einer Publikums-Kommanditgesellschaft nicht verpflichtet, von allen Anlegern einen anteiligen Betrag zur Befriedung der KG-Gläubiger einzufordern. Vielmehr kann er entscheiden, ob und in welchem Umfang er einzelne Anleger zur Rückzahlung unrechtmäßiger Ausschüttungen auffordert. Dann sind aber weitere Rückforderungen von unberechtigten Ausschüttungen ausgeschlossen.
Laut einem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichtes Schleswig-Holstein ist der Insolvenz-Verwalter einer Publikums-Kommanditgesellschaft nicht verpflichtet, von allen Anlegern einen anteiligen Betrag zur Befriedung der KG-Gläubiger einzufordern. Vielmehr kann er entscheiden, ob und in welchem Umfang er einzelne Anleger zur Rückzahlung unrechtmäßiger Ausschüttungen auffordert. Dann sind aber weitere Rückforderungen von unberechtigten Ausschüttungen ausgeschlossen.
Sachverhalt: Der Insolvenzverwalter einer Publikums-Kommanditgesellschaft hatte bereits mehrfach erfolgreich einzelne Anleger auf Rückzahlung gewinnunabhängiger Ausschüttungen verklagt – zum Ausgleich für Gläubigerforderungen, Verwaltervergütungen und sog. Masseverbindlichkeiten. Die Rückzahlungen der anderen Kommanditisten führten dazu, dass ein Betrag zur Insolvenzmasse eingezogen werden konnte, der den Forderungen aller Gläubiger der Kommanditgesellschaft entsprach, so dass diese befriedigt werden konnten. Der Insolvenzverwalter nahm dann auch den Anleger gerichtlich auf Rückzahlung zu Unrecht erhaltener Ausschüttungen in Anspruch, damit die Verwaltervergütung und noch bestehende andere Verbindlichkeiten ausgeglichen werden konnten.
Rechtslage: Grundsätzlich gilt, dass die Haftung von Kommanditisten gegenüber Gläubigern der Gesellschaft auf die im Handelsregister eingetragene Hafteinlage beschränkt ist, sofern diese tatsächlich in voller Höhe eingezahlt worden ist. Wenn der Anleger nicht durch Gewinne gedeckte Ausschüttungen erhält, kann diese Haftung wieder aufleben. Denn die gewinnunabhängige Ausschüttung gilt als Rückzahlung der Einlage. Der Insolvenzverwalter kann deren Rückzahlung eigentlich nur dann verlangen, wenn die Rückzahlung zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist. Fraglich war im vorliegenden Fall, ob der Insolvenzverwalter Anleger auch dann auf Rückzahlung getätigter Ausschüttungen in Anspruch nehmen kann, wenn die Gläubiger der Gesellschaft befriedigt werden können, aber nicht alle Anleger die Einlagepflicht erfüllt haben. Das Landgericht hat die Klage des Insolvenzverwalters abgewiesen.
Urteil: Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat auch die Berufung zurückgewiesen. Denn Kommanditisten haften mit der geleisteten Einlage nur zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger und nicht für Masseschulden und Massekosten. Entgegen der Auffassung des Insolvenzverwalters urteilte das Gericht, dass die von anderen Kommanditisten geleisteten Rückzahlungen auf Ausschüttungen bei der Prüfung, ob es zur Befriedigung der Forderung der Insolvenzgläubiger der Inanspruchnahme der Kommanditisten bedarf, zu berücksichtigen sind. Es kann nach Ansicht des Gerichts nicht darauf ankommen, ob alle Gesellschafter ihre Einlagen vollständig geleistet haben. Denn es gibt keine insolvenzrechtliche Pflicht, dass der Insolvenzverwalter stets alle zur Rückerstattung verpflichteten Kommanditisten in voller Höhe ihrer Haftsumme in Anspruch zu nehmen hätte. Stelle sich nach Inanspruchnahme einzelner Anleger heraus, dass nicht alle ausstehenden Haftsummen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger benötigt werden, sei der Insolvenzverwalter nicht gehalten, den benötigten Betrag anteilig von allen rückständigen Kommanditisten einzufordern. Denn er hat unnötige Prozesskosten zu Lasten der Masse zu vermeiden. Diese würden insbesondere dann anfallen, wenn mehr eingefordert wird, als zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist.
OLG Schleswig, Urteil vom 07. September 2017 – 9 U 9/16 rechtskräftig (LG Kiel)
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