Spezialgesetzliche Prospekthaftung hat Vorrang:

 

 

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27. April 2016 | Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat in einem aktuellen Beschluss das Verhältnis von spezialgesetzlicher zu allgemeiner Prospekthaftung geklärt.

OLG Frankfurt a.M. zum Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung

Sachverhalt: Der Kläger erwarb im April 2008 Anteile an einem von der Beklagten nach den Bestimmungen des mittlerweile aufgehobenen Investmentgesetzes (InvG a.F.) aufgelegten offenen Immobilienfonds. Infolge der Finanzkrise kam es ab Oktober 2008 zu einer Schieflage des Fonds und massenhaft zu Rücknahmeverlangen einschließlich eines starken Liquiditätsabflusses bei dem Fonds. Deshalb wurde die Rücknahme der Fondsanteile durch die Beklagte ausgesetzt. In der Folgezeit konnte auch durch Veräußerung von Immobilien nicht genügend Liquidität generiert werden, so dass die Rücknahme von Anteilen wiederum ausgesetzt wurde und der Fonds schließlich abgewickelt wurde. Der Kläger machte in einem Musterverfahren nach dem Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (KapMuG) gegenüber der Beklagten u.a. geltend, dass der von der Beklagten für den Vertrieb der Investmentfondsanteile erstellte Verkaufsprospekt der sog. Musterbeklagten unrichtig und unvollständig sei, insbesondere sei nicht über das Risiko der Aussetzung der Rücknahme der Anteile belehrt worden. Er begehrte u.a. festzustellen, dass daraus resultierende Schadensersatzansprüche noch nicht verjährt sind.

Rechtslage: Mit den Bestimmungen des § 127 InvG a.F. existierten spezialgesetzliche Regelungen für den Fall, dass Verkaufsprospekte für Anteile von offenen Investmentfonds unrichtige oder unvollständige Angaben enthalten. Derartige Ansprüche aus Prospekthaftung verjähren in einem Jahr ab Kenntnis der Unrichtigkeit/Unvollständigkeit, spätestens jedoch drei Jahre nach Abschluss des Kaufvertrages über die Investmentfondsanteile. Neben dieser spezialgesetzlichen Prospekthaftung kann eine Haftung für die Richtigkeit von Prospektaussagen auch noch nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen für die ordnungsgemäße Aufklärung des Anlegers vor Vertragsschluss begründet werden. Bei der Verletzung dieser Pflichten greifen die allgemeinen zivilrechtlichen Verjährungsfristen von bis zu 30 Jahren. Hier war u.a. zu entscheiden, welche Verjährungsfrist anwendbar ist.

Entscheidung: Das OLG wies das Feststellungsbegehren hinsichtlich der längeren Verjährungsfristen zurück. Denn die Bestimmungen des § 127 InvG a.F. enthalten eine Privilegierung zugunsten der Musterbeklagten, die bei der Anwendung allgemeiner zivilrechtlicher Haftungsgrundsätze unterlaufen werden würde. Dies gelte auch bei der Anwendung der Regelverjährungsfristen. Demnach ist bei der in Rede stehenden Konstellation die kurze Verjährungsfrist des InvG a.F. entscheidend. Damit entschied das OLG eine seit langem umstrittene Frage zugunsten des Vorrangs der spezialgesetzlichen Haftungsregelung und die Ansicht des OLG Frankfurt a. M. wird auf die Prospekthaftung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) und dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) übertragbar sein.

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 13. Januar 2016 – 23 Kap 1/14

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